Arno Breker modelliert Ernst Fuchs - 1976-77

 

 

 

 

 

 

 

Ernst Fuchs 1976-77

Arno Breker über Ernst Fuchs


"Mit Ernst Fuchs traf ich das erste Mal im Jahre 1973 anlässlich einer Ausstellung seiner Werke in dem von mir entworfenen modernen Bau der Galerie "Baukunst" von Irene Gerling in Köln zusammen. Er hat mich sogleich als Person interessiert; ebenso war ich von seinen Arbeiten beeindruckt, mit denen ich dort im Original in Berührung kam.

Fuchs zeigte sich mir gegenüber sehr aufgeschlossen und gestand mir, dass er als Kind Postkarten meiner Arbeiten gesammelt habe. So kamen wir uns bald näher und sahen uns regelmässig in Paris, Düsseldorf oder Wien.

Was an Fuchs besticht, ist seine hohe Intelligenz, seine enorme Belesenheit und seine sprühende Phantasie, die sich wie eine langaufgestaute Quelle ergiesst und alles in Begeisterung mitreisst; sie scheint nie zu versiegen. In ihm hat man eine Kultur von dreitausendjähriger Herkunft vor sich, die er mit seinen Werken repräsentiert. Die frühesten Anfänge der abendländischen Kultur im Zweistromland Mesopotamiens, die der Babylonier und Assyrer sind ihm ebenso gegenwärtig wie das klassische Griechenland und die mittelalterliche Mystik der Kabbala.

Die Arbeiten von Fuchs haben im Gegensatz zu meinen Arbeiten einen starken literarischen Hintergrund, der seine Motivwelt prägt, denn was in der Bildhauerei vom Motivischen her nicht darzustellen geht, kann immerhin für die Malerei eine lohnende Aufgabe sein.

Folgt man Fuchs offen und bereitwillig, so gelangt man mühelos zu den geistigen Ursprüngen Europas und dessen religiösen Situationen, die nicht fertig dem Haupte des Zeus entsprungen sind, sondern sich durch eine Evolution mit vielen Dramen, vielen Irrläufen und vielen persönlichen Opfern gebildet haben.

Fuchs ist ein phänomenaler Zeichner und seit seiner Jugend ein Urtyp der Begabung. Seine Malerei ist altmeisterlich in der Beherrschung der Technik zu nennen. In der Handhabung der Radiertechniken ist er so weit fortgeschritten, dass er sie ohne Mühe einsetzen kann, um seine Phantasie zu verbildlichen. Seine Strichführung, seine Erfindungen und seine ornamentalen Beigaben sind ein wunderbares, orientalisches Erbe, das er mit sich trägt. Fuchs ist so grosszügig, dass er ohne Figuren nicht leben kann. Darüber hat er jedoch das Ornament nicht vergessen. Überall ist ein vegetabiles oder geometrisches Füllsel da, das aber nicht gequält und hingepfuscht ist, sondern es geht eine erlebte Verbindung mit dem Figürlichen ein.

Als ich Fuchs einmal in seinem Wohnsitz, der Jugendstilvilla Otto Wagners in Wien besuchte, sagte er zu mir: "Ich strebe nach dem Gesamtkunstwerk; alles andere ist fragmentarisch."

Wenn Fuchs diese Begabung zur Gesamtsituation nicht hätte, dann hätte er niemals ein Gefühl für die Villa Wagner gehabt. Er ist durch und durch voller Kultur, und der Halt in dieser Kultur findet seinen Ausdruck in der Innenaustattung der Villa. Fuchs hat sie weitgehendst selbst ausgestaltet mit eigenen Tapeten, Stoffen, Möbeln, Bildern, Skulpturen und anderen Gegenständen des alltäglichen Lebens. Sein Versuch, das Gesamtkunstwerk zu schaffen, in dem die verschiedenen Künste vereint sind, wäre nicht denkbar ohne sein nie erlahmendes Arbeiten.

Er ist ein unermüdlicher Arbeiter, der die Fähigkeit besitzt, zu malen und zu zeichnen und diese Tätigkeit durch Dichten, Skizzieren oder Komponieren nahezu simultan zu ergänzen. Das Malerische beflügelt das Dichterische und umgekehrt.

So tritt Fuchs auch keine Reise an, ohne Material für neue Arbeiten mit im Gepäck zu verstauen, sei es eine halbfertige Radierplatte, sei es ein Manuskript, das er noch überarbeiten will. Unentwegt befindet sich Fuchs im Zustand einer kreativen Unruhe, die ihn von Schöpfung zu Schöpfung treibt. Er berauscht sich an seiner Arbeit, nicht an Drogen.

Ernst Fuchs ist ständig in der Verfassung: Grosses zu schaffen."


Arno Breker, 1976/1983


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